Feministische Utopien

Inspiriert durch das Theaterstück „Planet Egalia“ von Christiane Rösinger, möchte ich feministische Science Fiction Utopien lesen.
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Das Theaterstück basiert auf dem Buch „Töchter Egalias“ von Brantenberg. In diesem feministischen Klassiker von 1970 erzählt Brantenberg von einer Gesellschaft, in der die Geschlechterverhältnisse, wie wir sie kennen, auf den Kopf gestellt sind. Die Spiegelung lässt uns einen besonders deutlichen Blick auf die hiesigen Geschlechterrollen werfen. Und vorallem der Ausspruch „das war schon immer so“ klingelt hier in den Ohren.
Das Theaterstück wird leider aktuell nicht aufgeführt. Allerdings hat der WDR eine Hörspielversion zusammen geschnitten, die hier ist noch bis 5. August 2024 zu hören ist.

Rösinger bezieht sich aber noch auf weitere utopische Science Fiction Romane.
„Herland“ von Charlotte Perkins Gilman, „The female man“ von Joanna Russ und „The left hand of darkness“ von Ursula Le Guin.
Alle sind auch in deutscher Übersetzung erhältlich. Joanna Russ wird aktuell im Carcossa Verlag neu übersetzt und wird zum Ende des Jahres 2024 erhältlich sein.

In Herland erzählt Gilman bereits 1915 die Geschichte einer Gesellschaft nur aus Frauen. Wir folgen einer Gruppe aus 3 Männern, die Berichten und Erzählungen auf die Spur kommen wollen. Sie sind klassische Vertreter ihrer Zeit und ihrer Geschlechterrollen, können sich kaum vorstellen, dass Frauen anders sein können, als sie es gewöhnt sind. Im Zusammentreffen mit den Frauen aus Herland werden mit diesen Erwartungen konfrontiert und entdecken eine Welt, die ohne Männer auskommt. Gilman entwirft eine Gesellschaft frei von Konflikt und Dominanz. Eine feministische Utopie.

In The female man (1975) widmet Russ sich ebenfalls der Frage, wie Gesellschaft anders funktionieren kann, wenn die Geschlechterrollen anders sind oder gar nicht existieren. In ihrem Buch gibt es parallele Universen, in denen Dinge sich sehr verschieden entwickelt haben. Patriarchale Konventionen werden hier auf den Kopf gestellt und erweitern den Möglichkeitsraum der einzelnen Protagonistinnen. Auch hier wird die Frage nach Reproduktion ohne Männer aufgeworfen.

In Le Guins The left hand of darkness (1969) landen wir auf einem völlig anderen Planeten. In einer fernen Welt trifft der reisende Ethnologe auf eine Gesellschaft in denen Menschen kein Geschlecht haben. Vielmehr wandelt sich dieses im Laufe der Zeugungsfähigkeit zum zeugenden oder gebährenden, so dass Menschen Mütter und Väter sein können. Le Guin geht hier der Frage nach, wie anders sich politischer Konflikt und das Regieren äußert, wenn es keine voneinander getrennten Geschlechter gibt.

Das Weiterdenken von Gesellschaft im Rahmen feministischer Utopien inspiriert bis heute. Weshalb es sich auch weiterhin lohnt, diese Klassiker zu lesen.
Die Ideen tauchen immer wieder auf. So hat Jasmin Schreiber in ihrem Roman „Endling“ (Dez 2023) eine weibliche Dorfgemeinschaft untergebracht, in der Männern nicht bleiben können, weil sie dort krank werden. Und Frauen Zuflucht finden, die von patriarchalen Regierungen oder Partnern verfolgt werden. Diese Orte werden nur am Rand der Geschichte sichtbar und sind doch ein prägender Bestandteil der Welt, die Schreiber kreiert.

Jenseits der Erzählungen aus Nordamerika gibt es sicher viele weitere Geschichten. Doch es ist nicht so leicht diese zu finden. Nicht, dass es die Geschichte nicht überall auf der Welt gibt, sie sind einfach hierzulande nicht bekannt genug.
Eine, die mir empfohlen wurde, stammt bereits aus dem Jahr 1905.
„Sultana’s Dream“ von Rokeya Sakhawat Hossain veröffentlichte in einem indischen Magazin diese Kurzgeschichte, die die Idee einer rein weiblichen und harmonischen Gesellschaft aufnimmt und erzählt.
Die Kurzgeschichte ist kostenlos online zu lesen.
Im März 2024 erscheint eine Verfilmung eben jener Geschichte. Diese zufällige Gleichzeitigkeit gefällt mir besonder gut.

Im Buchclub konzentriere ich mich auch auf andere Aspekte utopischer Erzählungen und Ideen. Alles lässt sich nicht in einem Jahr unterbringen. Dazu gibt es erfreulicherweise doch zu viele. Doch das wieder-sichtbarmachen der Klassiker ist ein wichtiger Teil der Diskussion um Utopien für mich.

Wer Lust hast sich auch Theoretisch weiter mit diesem Thema zu befassen, denen empfehle ich hier direkt noch ein paar Lesetipps: