Dies ist mein letztes Lied – Lena Richter

Eine gute Novelle ist wie ein Wochenendurlaub. Es ist wunderschön sich für einen Moment völlig fallen zulassen, ganz was anderes zu erleben und doch recht schnell wieder im Alltag anzukommen. Anschließend stellt sich meistens die Frage, warum man das nicht öfter macht.
Lena Richters Novelle ist perfekt für einen solchen Ausflug. Es gelingt ihr hervorragend die Lesenden direkt abtauchen zu lassen und mit ihnen mitten in der Geschichte zu landen.

Die Geschichte ist eine Reise durch verschiedene Orte im Universum, immer an der Musik entlang. Die Erlebnisse, die die Hauptfigur Qui dabei macht, entfalten sich entlang von Kunst und ihren Grenzen, entlang an Hoffnung und Hilfslosigkeit, vorbei am Zuhören und hin zum Finden einer eigenen Melodie. Lena Richter gelingt es, aktuelle politische Fragen in eine Reise durchs Weltall einzubinden und so viel Raum für Emotionen zu bieten.

Qui beginnt eine Reise durch das Spielen auf einem Piano. In neun Kapiteln und damit 9 Stationen reisen wir mit.
Die erste Station ist Quis Heimatplanet, ein durch und durch kapitalistischer Ort, wo alles Konzerneigentum zu sein scheint. Neben dem Alltag aus arbeiten und feierabend genießen, gibt es nur das Träumen, jemals von diesem Planeten weg zu kommen. Und das gelingt Qui schneller als erahnt.
Wo in der Galaxie die Orte sind, die Qui nach und nach besucht, ist nicht klar. Sicher ist nur, dass sie verschieden sind. Und Qui versucht herauszufinden, wo zu diese Reise gut sein soll. Qui erlebt Krieg, Isolation auf einem Raumschiff, Megastädte und abgelegen Natur, digitale Schönheit und Liebe, Berühmtheit, Flucht und Abschiedstrauer.

Was für ein wunderschönes Buch!
Der Schreibstil ist toll, hat mich direkt in die Geschichte hineingezogen. Das world building ist abwechslungsreich und sprachlich schön ausgestaltet. Ich liebe die Charaktere in den verschiedenen Kapiteln. Ich mag, dass die Hauptfigur völlig unbestimmt ist (also keinem Geschlecht, keinem Pronomen zugeordnet ist) und wir nur das Innenleben zu sehen bekommen. Ich mag, wie viele Emotionen durch die Erzählung tanzen. Sehr empfehlenswert!

Das Buch erschien 02/2023 im Ohne Ohren Verlag und ist Lena Richters erste Novelle.
Eine ausführliche und tolle Besprechung des Buches gibt es von Yvonne Tunnat und Jol Rosenberg in dieser Podcastfolge.

Klappentext:
„Ich denke an alle Lieder, die ich gespielt habe. Alles, was ich gelernt habe, verlernt, verloren. Alles, was dazu geführt hat, dass ich jetzt hier sitze, allein vor Hunderttausend, die Sensation des Abends für sie, der Abschied für mich. Ein letztes Mal bin ich Teil von etwas. Ein letztes Mal werde ich spielen. Wenn die Musik verklungen ist, trete ich durch das Tor und …“

Lena Richter ist Autorin, Lektorin und Übersetzerin mit Schwerpunkt Phantastik und veröffentlichte bisher Kurzgeschichten, Essays und Artikel. Sie lebt in Hamburg und verbringt die Zeit abseits von Brotjob und Wortgebastel jeglicher Art mit Pen-and-Paper, Kochen, Podcasthören und Ausflügen ans Wasser. Lena ist eine der Herausgeber*innen des Phantastik-Zines Queer*Welten und spricht gemeinsam mit Judith Vogt einmal im Monat im Genderswapped Podcast über Rollenspiel und Medien aus queerfeministischer Perspektive. „Dies ist mein letztes Lied“ ist ihre erste Novelle.

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2 Antworten zu Dies ist mein letztes Lied – Lena Richter

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