Der ehrliche Finder – Lize Spit

Diese Novelle hat mit nur 125 Seiten eine beeindruckende Erzähltiefe. Sowohl das Buch an sich als auch die Übersetzung sind super. Generell sind Novellen als Form auf dem deutschen Buchmarkt unterrepräsentiert und haben den Ruf, nicht gefragt zu sein. Dieses Buch zeigt, dass es ein gutes Schreiben braucht um in dieser Form zu glänzen. In der Kürze erzeugt der Text einen solchen Sog, dass die Geschichte einer fast zu nah kommt und es mitunter schwer auszuhalten ist, dran zu bleiben.

Hauptfiguren sind Jimmy, der in einem belgischen Dorf lebt, allein mit seiner Mutter, nachdem der Vater abgehauen ist. Und sein bester Freund Tristan, mittlerer Sohn einer 10 köpfigen albanischen Familien, die seit einem Jahr ebenfalls im Dorf leben. Sie sind vor dem Krieg geflohen und befinden sich im Asylverfahren. Die Kinder sind auf verschiedene umliegende Schulen verteilt, einige sind mit Jimmy zusammen auf der Schule.
Jimmy ist absolut glücklich mit Tristan, der sein bester und einziger Freund ist. Die beiden verbringen viel Zeit miteinander und Jimmy unterstützt viel beim Lernen der Sprache, auch andere Familienmitglieder.
Ihr Rhythmus gerät ins Stocken, als die Familie die Information bekommt, dass ihr Asylantrag abgelehnt wurde und sie schon in den kommenden Tagen ausreisen müssen oder abgeschoben werden. Einige Dorfbewohner treten in Aktion und versuchen zu helfen. Doch das ist die Ebene der Erwachsenen. Das Buch ist aus Jimmys Sicht geschrieben.

An ihrem letzten Abend ist Jimmy zum Essen und Übernachten eingeladen. Tristan und seine Schwester Jetmira haben eine Plan. Wenn Jimy bereit ist, ihnen zu helfen, geht es schon am nächsten Tag los. Auch wenn ihm nicht ganz geheuer ist, sich auf etwas einzulassen, wo von er nicht genau weiß, was es ist, sagt er zu. Denn seinen Freund verlieren will er nicht. Das ist ganz klar.

Lize Spit gelingt es, sehr nah an die Figuren heranzukommen. Es ist nicht immer leicht, weiterzulesen, dabei zu bleiben, wenn die Ereignisse sich zuspitzen und sich ein Unglück abzeichnet.

Die Erzählperspektive ist Jimmys und dadurch schafft Spit es, eine kindliche Naivität mit einzubinden. Er legt sich Erklärungen zurecht, hat eigene Wünsche und Schwerpunkte und genau das macht Kind-sein ja auch aus. Zugleich wird so eine Tragweite der Ereignisse mit angedeutet, die weit über Jimmys Verstehen hinaus geht. Das beim Lesen in den Bann, weil es Raum für das eigene Wissen, die eigenen Erfahrungen mit dem Thema lässt.
Flucht und Asyl sind sehr allgemein gegenwärtige Themen und trotzdem oft Abstrakt. In diesem Buch gelingt es, dem Erleben sehr nah zu kommen und (wieder) zu berühren.
Beeindruckend gut geschrieben, auf jeden Fall eine Empfehlung.

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